ESG-Kriterien: Maßstäbe für Nachhaltigkeit bei Firmen und Investor:innen

Anhand sogenannter ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance) können Unternehmen in Bezug auf Nachhaltigkeit und Verantwortung bewertet werden. Viele Entscheidungen von Investor:innen, aber auch der Gesellschaft insgesamt, orientieren sich daran. Lesen Sie, was Sie jetzt über ESG-Kriterien wissen müssen.

09.07.2025

5 Minuten Lesezeit

Titelbild ESG-Kriterien - Klimasymbole, Frau am Laptop, Handschlag, im Hintergrund Hochhäuser und Bäume

Für den Mittelstand spielt die Nachhaltigkeitsberichterstattung selbst ohne eine direkte Pflicht eine wichtige Rolle, da beispielsweise viele kleine und mittlere Unternehmen (KMU) Bestandteil der Lieferketten berichtspflichtiger Unternehmen sind. Doch nicht nur Geschäftspartner:innen, auch Kund:innen, Finanzmarkt und Gesellschaft erwarten zunehmend ein belegbares Bekenntnis zur Nachhaltigkeit. Ein nicht zu unterschätzender Faktor: Banken sowie sonstige Investor:innen prüfen Finanzierungen verstärkt anhand von ESG-Kriterien. Unternehmen ohne nachvollziehbare Nachhaltigkeitsstrategie haben es schwerer, Kapital zu erhalten.

Noch ein weiterer Aspekt legt nahe, sich mit den ESG-Kriterien auseinanderzusetzen: Wer sich systematisch an den ESG-Kriterien orientiert, erkennt Risiken wie Klimafolgen, Störungen in der Lieferkette oder Reputationsverluste frühzeitig – und kann gezielt gegensteuern. Denn Nachhaltigkeit ist längst nicht nur ein strategisches Ziel, sondern auch ein Image- und Wirtschaftsfaktor.

Was versteht man unter den ESG-Kriterien?

ESG-Kriterien sind Maßstäbe, um die Nachhaltigkeit von Unternehmen unter den Aspekten Umwelt (Environmental), Soziales (Social) sowie Unternehmensführung (Governance) zu bewerten. Die wichtigsten Standards werden von der EU (insbesondere EU-Taxonomie und CSRD) sowie internationalen Organisationen wie der UN festgelegt. Nichtsdestotrotz bleibt Spielraum für individuelle Zielsetzungen und branchenspezifische Anpassungen bei den ESG-Kriterien.

Unter dem Oberbegriff der ESG-Kriterien werden zahlreiche Einzelkriterien subsummiert, die Unternehmen, Organisationen und Stakeholdern helfen, die Nachhaltigkeit und die ethischen Auswirkungen von Geschäftspraktiken zu bewerten. Die Botschaft, die dabei vermittelt wird: Unternehmen, die ESG-Kriterien einhalten, zeigen ein Engagement für Nachhaltigkeit, soziale Verantwortung und transparente Unternehmensführung. Besonders relevant sind ESG-Kriterien für Investor:innen, die nicht nur finanzielle Renditen, sondern auch positive gesellschaftliche und ökologische Auswirkungen anstreben.

Aber nicht nur für die Außenwirkung sind sie wichtig: ESG-Kriterien dienen auch den Unternehmen selbst als Orientierungshilfe, um Risiken wie Umweltverschmutzung, Arbeitsrechtsverletzungen oder Korruption zu minimieren.

Welche und wie viele ESG-Kriterien gibt es?

Die ESG-Kriterien lassen sich in drei Hauptkategorien unterteilen:

  • 1. Environmental:
    Hier liegt der Fokus auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit, z. B. die Reduzierung von CO₂-Emissionen, Energieeffizienz, Abfallmanagement und die Nutzung erneuerbarer Energien.
  • 2. Social:
    Berücksichtigt den Umgang mit Mitarbeitenden, Kund:innen und Gemeinschaften. Dazu gehören u.a. die Arbeitsbedingungen, Diversität, Gleichberechtigung und Menschenrechte.
  • 3. Governance:
    In diesem Bereich geht es darum, wie ein Unternehmen geführt und Entscheidungen getroffen werden. Die ESG-Kriterien decken dabei viele Aspekte ab – von der Transparenz über Korruptionsbekämpfung bis hin zur Einhaltung von Gesetzen und ethischen Standards bei den Geschäftspraktiken.

Innerhalb dieser drei Kategorien gibt es zahlreiche Unterkriterien, die je nach Branche und Unternehmen variieren können. Es gibt somit keine festgelegte Anzahl an Kriterien, da sie flexibel an den Kontext angepasst werden.

Was sind die wichtigsten ESG-Kriterien?

Die ESG-Kriterien zur Nachhaltigkeit hängen stark von der Branche und den spezifischen Zielen eines Unternehmens ab. Dennoch sind einige Aspekte besonders häufig gefragt: Zu den weit verbreiteten ESG-Kriterien zählen im Bereich Umwelt beispielsweise die Reduzierung von CO₂-Emissionen, um den Klimawandel zu bekämpfen, die Verbesserung der Energieeffizienz durch erneuerbare Energien oder der Einsatz moderner Technologien sowie ein effektives Abfallmanagement durch Recycling und nachhaltige Entsorgung.

Im sozialen Bereich sind Diversität und Inklusion – etwa durch Förderung von Geschlechtergleichstellung, sichere Arbeitsbedingungen und die Einhaltung von Menschenrechtsstandards in Lieferketten – häufige Beispiele für ESG-Kriterien. Für die Unternehmensführung sind unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten eine transparente Offenlegung von Geschäftsdaten, die Implementierung von Anti-Korruptionsmaßnahmen und ein unabhängiger Aufsichtsrat, der frei von Interessenskonflikten ist, besonders relevant.

Die genannten ESG-Kriterien sind für Unternehmen entscheidend, da sie sowohl ökologische als auch soziale und wirtschaftliche Risiken minimieren und das Vertrauen von Stakeholdern stärken.

Beispiel ESG-Kriterien Versicherungen

Für Versicherungen sind ESG-Kriterien mittlerweile ein zentraler Bestandteil der Unternehmensstrategie. So müssen Versicherungsunternehmen insbesondere Klima- und Umweltrisiken systematisch in ihre Prozesse integrieren, etwa bei der Risikoprüfung, im Schadenmanagement und bei der Kapitalanlage. Neben dem Klima-Risikomanagement ist die Dekarbonisierung des Portfolios ein weiteres zentrales Kriterium: Viele Versicherungen haben sich das Ziel gesetzt, ihre Kapitalanlagen und Versicherungsprodukte bis spätestens 2050 klimaneutral zu gestalten. Auch sozial nachhaltige Versicherungsprodukte sowie eine transparente und verständliche Kommunikation mit den Kund:innen rücken in den Fokus.

Darüber hinaus sind Versicherungen verpflichtet, die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kund:innen zu ermitteln und entsprechende Produkte anzubieten, beispielsweise bei fondsgebundenen Lebens- oder Rentenversicherungen. 

Wer muss die ESG-Kriterien erfüllen?

Große Firmen sowie börsennotierte Unternehmen, Finanzinstitute und Investmentfonds stehen hier im Fokus, da sie oft gesetzlich verpflichtet sind, Nachhaltigkeitsberichte zu veröffentlichen. So fordert in der Europäischen Union die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) von großen Unternehmen die Offenlegung von ESG-Kriterien nach den European Sustainability Reporting Standards (ESRS).  Auch Versicherungskonzerne, Banken und Investmentfonds unterliegen strengen Vorgaben, etwa durch die Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR).

Darüber hinaus sind ESG-Kriterien auch für KMU relevant, die sich in Lieferketten großer CSRD-berichtspflichtiger Konzerne befinden oder nachhaltigere Geschäftsmodelle verfolgen wollen. Das freiwillige Reporting nach VSME-Standard orientiert sich ebenfalls an den klassischen ESG-Themenblöcken – Umwelt, Soziales und Unternehmensführung.

Doch das ist nur die eine Seite der Medaille: Die Frage „Wer muss ESG-Kriterien einhalten?“ hat neben den regulatorischen Auflagen auch die Markt-Erwartungen zu berücksichtigen. So führt in der Praxis neben den gesetzlichen Vorschriften oft ein Druck von Stakeholdern dazu, dass sich Unternehmen gezwungen sehen, ESG-Kriterien zu berücksichtigen: Beispielsweise legen Investor:innen und Verbraucher:innen zunehmend Wert auf solche Firmen, die ESG-Kriterien zur Nachhaltigkeit priorisieren. Selbst der Fachkräftemangel kann Unternehmen dazu zwingen, die ESG-Kriterien zu erfüllen: Laut einer Stepstone-Studie1 würden drei von vier Bewerber:innen eher bei einem nachhaltigen Unternehmen arbeiten, was den Druck von potenziellen Mitarbeitenden auf Arbeitgebende verdeutlicht, die ESG-Kriterien zu priorisieren.

Somit zeigt sich: Obwohl die Einhaltung der ESG-Kriterien nicht für alle Unternehmen gesetzlich vorgeschrieben ist, kann sie für sehr viele Firmen nötig sein.

Was sind ESG-Kriterien bei Immobilien?

Nicht nur für die eigentlichen Aktivitäten von Unternehmen sind ESG-Kriterien relevant. Für die Immobilienbranche spielen ESG-Kriterien eine zentrale Rolle, da Gebäude einen erheblichen Einfluss auf die Umwelt und die Gesellschaft haben. Beispiele für ESG-Kriterien in diesem Bereich sind:

  • Environmental:
    Energieeffizienz von Gebäuden (z. B. durch Dämmung, LED-Beleuchtung oder Solaranlagen), Reduzierung von CO₂-Emissionen und Nutzung nachhaltiger Baumaterialien.
  • Social:
    Barrierefreiheit, gesunde Arbeitsumgebungen (z. B. durch gute Raumluftqualität) und bezahlbarer Wohnraum.
  • Governance:
    Transparente Mietverträge, ethische Geschäftspraktiken und Einhaltung von Baunormen.

Immobilienunternehmen und Investor:innen nutzen diese ESG-Kriterien für Immobilien, um den Wert von Gebäuden zu steigern, das Risiko von Umweltstrafen zu minimieren und die Nachfrage nach nachhaltigen Immobilien zu bedienen.

Ein klassisches Beispiel für ESG-Kriterien bei Immobilien: Ein Immobilienentwickler setzt sich Nachhaltigkeitsziele und möchte sich dabei an ESG-Kriterien orientieren. In der Praxis könnte dies bedeuten, dass er energieeffiziente Gebäude mit Solaranlagen baut, barrierefreie Wohnungen anbietet und nachhaltige Lieferketten für Baumaterialien etabliert.

Fazit: ESG-Kriterien sind auch proaktiv sinnvoll

Die ESG-Kriterien sind ein zentraler Bestandteil moderner Unternehmensstrategien und vieler Investitionsentscheidungen. Sie helfen Unternehmen, Risiken wie Umwelt- oder Reputationsschäden frühzeitig zu erkennen und stärken gleichzeitig das Vertrauen von Investor:innen, Kund:innen und Geschäftspartner:innen. Nicht alle Unternehmen müssen per Gesetz ESG-Kriterien einhalten und offenlegen, aber sinnvoll ist es trotzdem:

Wer auch ohne regulatorischen Zwang die ESG-Kriterien erfüllt, sorgt für Transparenz, stärkt die eigene Marke und gewinnt das Vertrauen von Investor:innen und Kund:innen.

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